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Krise als Chance für Nachhaltigkeit

Jetzt wo wir zu Covid langsam „Tschau mit Au“ sagen können, treten andere Themen wieder in den Vordergrund. Nachhaltigkeit ist eines davon, und es ist ein Thema das durch die Coronakrise an manchen Stellen vernachlässigt wurde, während seine große Bedeutung für uns im Hier und Jetzt vielen erst klar geworden ist. Die durch die Krise angestoßenen Veränderungen bergen sowohl Chancen als auch Risiken in punkto nachhaltiger gesellschaftlicher Veränderung und Besinnung auf das, was wirklich wichtig ist.

Wir unternehmen heute weniger berufliche Reisen, wir arbeiten von zu Hause aus statt vom Büro, wir ernähren uns bewusster und so manche(r) hat mangels Alternativen während der Lockdowns die Natur erst so richtig kennen und lieben gelernt. Einiges davon wird sich halten, auch wenn es in anderer Hinsicht (Stichwort: endlich wieder Reisen) sogar zu einer Gegenreaktion kommen kann.

Zivilisationskollaps? Kein Weg vorbei an Nachhaltigkeit

Spätestens jetzt wo Wirtschaftsforschungsinstitute eine signifikante Erholung für Unternehmen vorhersagen, nicht nur für jene z.B. in der Bauwirtschaft oder im digitalen Innovationsbereich die ohnehin von der Krise profitiert haben, gibt es einfach keine Ausrede mehr, um nicht in nachhaltige Veränderungen zu investieren.

Denn wussten Sie, dass wir als Zivilisation ein Ablaufdatum haben? Risikoforscher Luke Kemp von der Universität Cambridge hat berechnet, dass die durchschnittliche Lebensdauer von Zivilisationen 336 Jahre ist. Sie meinen, unserer modernen, superglobalen Zivilisation könnte ein Kollaps nicht passieren, weil wir früheren Zivilisationen meilenweit voraus sind?

Das werden sich die alten Griechen und Römer angesichts ihrer ungeheuren Errungenschaften auch gedacht haben. Doch es kam anders wie wir wissen. Hybris ist also keine gute Voraussetzung, um mit komplexen globalen Problemen umzugehen – wir wissen nämlich mittlerweile, dass auch frühere Zivilisationen oft genau an den Herausforderungen gescheitert sind, mit denen wir jetzt kämpfen: Klimawandel, Umweltzerstörung und soziale Ungerechtigkeit zum Beispiel.

Das Optimisten-Puzzle

Aber halt: ich bin eigentlich Optimistin und glaube fest daran, dass wir die großen globalen Herausforderungen wie zum Beispiel die Klimakrise genauso bewältigen können, wie wir die Covid-Krise bald gemeistert haben werden. Leider braucht es für großes, gesellschaftliches Umdenken und nachhaltige Verhaltensänderungen oft das Gefühl, direkt vor dem Abgrund zu stehen bzw. die Einsicht, dass es nicht mehr fünf vor zwölf ist sondern schon ein paar Minuten danach. Wissen und Vernunft sind nicht ausreichend, auch die Emotion muss dabei sein. Auf gut Deutsch: die Kacke muss dampfen, dann handeln wir.

Manchmal wundere ich mich sehr über unsere kollektive Untätigkeit was zukunftsträchtige nachhaltige Veränderung betrifft. Warum wir also so herumeiern, wo wir doch schon wissen was die Lösungen sind. Wie diese Lösungen aussehen, und wie wir sie am besten umsetzen können, werde ich in dieser Kolumne diskutieren. Ich werde dabei aus einem Buch zitieren, dass ich soeben gemeinsam mit Impact-Unternehmerin & Innovatorin Claudia Winkler veröffentlicht habe.

In The Sustainability Puzzle bauen wir auf einem sehr breiten Verständnis von Nachhaltigkeit, das sowohl sozial, ökologisch als auch ökonomisch ausgerichtet ist. Es geht um die Notwendigkeit, das große Ganze zu sehen bevor speziellere Themen verstanden und gelöst werden können. Zu diesen Puzzlesteinen gehören neben Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft auch nachhaltige Technologie, verantwortungsbewusstes Unternehmertum, bewusster Konsum und globale soziale Gerechtigkeit.

Denken wir endlich an uns selbst!

Eines schon vorweg: Viele von uns wollen „den Planeten“ retten, aber das ist Unsinn, denn der Planet braucht uns überhaupt nicht, er kann sogar sehr gut ohne uns. Unsere liebe Erde würde sich recht schnell von dem Schaden erholen, den wir bereits angerichtet haben. Aber umgekehrt brauchen wir Menschen die Erde, ohne deren „Dienstleistungen“ können wir nicht leben. Zu diesen Leistungen gehören das Regulieren des Klimas und das Reinigen von Wasser genauso wie die Bereitstellung von Nahrungsmitteln oder Baumaterial. Wir Menschen sind also von einer intakten Umwelt abhängig. Eie Erde gesund und lebenswert zu erhalten ist in unserem ureigensten Interesse (um den Mars lebenswert zu machen wäre unendlich mehr Aufwand nötig).

Mit diesen Gedanken verabschiede ich mich dann einmal in einen Arbeitsurlaub im Salzkammergut. Zu Ihnen sage ich „Tschau“, aber ohne „Au“, denn ich freue mich schon auf ein Wiederlesen wenn ich zurück bin.

Schicken Sie gerne Fragen, Antworten und auch kritische Kommentare. Vielleicht werde ich mich wundern, aber ich werde diese aufgreifen.

Ihre
Alice Schmidt

Als jemand der immer das große Ganze sieht ist Alice Schmidt quasi professionelle Weltverbesserin. Sie bring jahrzehntelange Praxiserfahrung mit wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fragestellungen mit, die sie in über 30 Ländern mit den unterschiedlichsten Institutionen – von UNO und Weltbank über zahlreiche Unternehmen und NGOs – gesammelt hat. Neben ihrer Tätigkeit als Beraterin, Speakerin und Autorin unterrichtet sie an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Thema Nachhaltigkeit und Management für die Zukunft.

Mehr zu Alice Schmidt http://www.aliceschmidt.at

LinkedIn https://www.linkedin.com/in/aliceschmidt/

Kürzlich ist ihr neues Buch „The Sustainability Puzzle“ erschienen, das sie gemeinsam mit Impact-Unternehmerin Claudia Winkler geschrieben hat und das sich der Frage widmet, ob wir es schaffen, die Zerstörung unseres Ökosystems aufzuhalten und endlich Gesundheit, Wohlstand und Wohlergehen für alle zu sichern (kleiner Hint: sie ist Optimistin).

Hier geht’s zum Puzzle http://www.sustainability-puzzle.org


Wünsche, Anregungen, Kritik? Freu mich über einen Austausch alice@what-matters.at